THEATERVEREIN BURGSPIELE KEMNAT E.V.
Seit 1925 hat unser Dorf die unterschiedlichsten Produktionen gesehen: Von kleinen Stücken im alten Gasthaus bis hin zu großen Freilichtproduktionen auf der Burg mit tausenden Zuschauern, die Kemnat überregional bekannt machten.
Erfahre hier mehr über unsere Geschichte.
Die Geschichte des Theatervereins
1925 wurde im heutigen Kaufbeurer Stadtteil Kemnat der Theaterverein Kemnat gegründet. Die meisten Mitglieder stammten anfangs aus dem Kirchenchor und wurden vom ortsansässigen Pfarrer Häußler fürs Theaterspiel begeistert und vom örtlichen Schullehrer Bachschmid darin unterwiesen. Gespielt wurden deshalb auch meistens mehraktige Volksstücke mit Gesang und Tanz. Spielort war der große Saal im ersten Stock des Gasthauses „Zum goldenen Kreuz“ in Kleinkemnat. Ab 1929 war Lehrer Johann Völk Spielleiter. Anfangs wurde im Februar und November gespielt, später nur noch am Jahresende.
Auch das gesellige Leben wurde gepflegt, mit Theaterbällen und damals noch nicht alltäglichen Ausflügen. Bis zum 2. Weltkrieg wurden 14 große Theaterstücke mit viel Erfolg aufgeführt. Während des Krieges fanden keine großen Vereinsaktivitäten statt und einige der Spieler blieben im Feld. Kurz nach Kriegsende knüpfte die Theatergruppe Kemnat, wie sie sich nun nennen musste, an die Erfolge der Vorkriegszeit an. Es kamen Stücke aus dieser Zeit, aber auch neue Inszenierungen auf die Bühne. Die Mitgliederzahlen des Theatervereins Kemnat stiegen und neben dem Theaterspiel gab es ein abwechslungsreiches Vereinsleben. 1951 musste aufgrund der kursierenden Maul- und Klauenseuche beim Stück „Almenrausch und Edelweiß“ eine behördlich verordnete Zwangspause von einem halben Jahr eingelegt werden.
Die Jugend wurde auf der Bühne ebenfalls mit eingebunden, darunter auch einige unserer heutigen Ehrenmitglieder. 1957 fand mit dem „Paternoster-Kramer von Ettal“ das letzte Stück unter der Regie vom Hauptschullehrer Völk statt. Drei Jahre später übernahm mit Franz Neher eine neue Generation die Spielleitung. Leider war es ihm und seinen Spielern nur noch in drei Stücken vergönnt, ihr Können dem begeisterten Publikum zu zeigen, denn am 21.09.1963 wurde vom Landkreis der Saal aus statischen Gründen gesperrt. Ab diesem Zeitpunkt war es nicht mehr möglich, in Kleinkemnat vor größerem Publikum zu spielen, weswegen man versuchte, mit Hilfe der traditionellen Theaterbälle und –ausflüge, die Mitglieder im Verein zu halten. Kleine Einakter waren nur noch in der Wirtsstube des „Goldenen Kreuzes“ möglich und wurden zu Generalversammlungen und bunten Abenden aufgeführt.
Am 1. Mai 1970 war der Tiefpunkt der Vereinsgeschichte erreicht. In der Generalversammlung trat die Vorstandschaft zurück und die Mitglieder stimmten mehrheitlich für die Auflösung des Vereins. Dies wiederrum rief junge engagierte Theaterspieler auf den Plan, die den Verein, trotz aller Schwierigkeiten, weiterführten. Es wurden neue Möglichkeiten gesucht, den Verein mit geselligen und kulturellen Veranstaltungen zu erhalten. So konnte die Mitgliederzahl bald auf weit über 100 erhöht werden, was zur Folge hatte, dass es dem Verein auch finanziell wieder besser ging. Zum 50jährigen Jubiläum gab es ein großes Fest und es wurde in der Wirtsstube wieder Theater gespielt und gesungen. Mitte der 80iger Jahre wurde eine speziell angefertigte Bühne für die umgebaute Wirtsstube angeschafft und junge und alte Spieler zeigten darauf mit Erfolg ihr schauspielerisches Können.
Zur 800-Jahr-Feier des Stadtteils Kemnat 1985, an der sich sämtliche Ortsvereine beteiligten, übernahm der Theaterverein natürlich den Part der darstellenden Unterhaltung. Es wurde eine kleine Eröffnungsszene und das große Landsknechtslager mit Turmerstürmung einstudiert. Zwei Mitglieder schrieben ein humorvolles Ritterstück mit ortsbezogenen Begebenheiten und erhielten dafür tosenden Applaus.
Kurz nach diesem großen Fest präsentierte der aus Kaufbeuren stammende bayrische Staatsschauspieler Peter Pius Irl, zu dem Kemnater Kontakt geknüpft hatten, den verblüfften Einwohnern ein historisches Stück über die erste Königsurkunde in deutscher Sprache, das er selbst geschrieben hatte. Bei der Frage, wer dieses Stück, das speziell auf das Burggelände Großkemnat angepasst war, zur Aufführung bringen sollte, waren sich alle einig, dass dies der Theaterverein sein musste. Dessen Vorstandschaft sah sich jedoch nicht in der Lage solch ein großes Unterfangen zu stemmen und somit kam es zur Gründung des Burgspielvereins. So gab es im Stadtteil mit 350 Einwohnern den „Theaterverein Kemnat“ und den „Burgspielverein“.
Das Freilichtspiel „Kemnat anno Domini 1240“ war eine ungeahnte Herausforderung für alle „alten und neuen“ Spieler. Nicht mehr auf einer kleinen Bühne, sondern vor dem großem Turm und der einmaligen Naturkulisse wollte man das Publikum unterhalten. Dank der beständigen Witterung und Peter Pius Irl als Regisseur wurde aus dem „großen Risiko“ ein noch größerer Erfolg. Es folgten im Drei-Jahres-Rhythmus weitere von Peter Pius Irl geschriebene und inszenierte große Freilichtspiele, die von Mal zu Mal mit raffinierterer Technik, gewaltigeren Kulissen und aufwändigeren Kostümen aufwarteten. Der Theaterverein indes veranstaltete weiterhin Bälle, Ausflüge und bunte Abende. Auch der Burgspielverein bot seinen Mitgliedern unterhaltsame Veranstaltungen, wie den „Tag auf der Burg“ oder Ausflüge zu Orten an, die einen Bezug zu den gespielten Stücken hatten.
1993 ging der Theaterverein Kemnat in den eingetragenen Burgspielverein ein, der sich von nun an „Theaterverein Burgspiele Kemnat e.V.“ nannte. Mit gemeinsamem Elan machte sich die neue Vorstandschaft daran, eine Lösung für die Unterbringung aller Requisiten der Freilichtspiele zu finden. Diese waren an verschiedenen Orten untergebracht und sollten unter einem Dach vereint werden. 1995 wurde aus den Plänen Wirklichkeit und mit dem Bau des Theaterstadels begonnen. In Eigenleistung der Mitglieder und finanziert durch die Eintrittsgelder der Burgspiele entstand ein Bauwerk für alle Bedürfnisse unseres Vereinslebens, das auch noch gut in die Landschaft passt.
Neben den großen Freilichtspielen studierte Peter Pius Irl mit interessierten Spielern historisches Straßentheater ein. Die Stücke aus der Feder von Hans Sachs und Peter Pius Irl kommen bis heute beim Kaufbeurer Lagerleben, dem „Tag auf der Burg“ oder anderen Mittelalterfesten zur Aufführung. Da Ende der 90er Jahre das Wetter zu unseren Freilichtspielzeiten immer unbeständiger wurde, entschloss man sich, sofern es das Stück zuließ, bei schlechter Witterung in unseren Theaterstadel auszuweichen. Dort wurde eine Bühne mit einem zum Burgspiel passenden Bühnenbild eingebaut. Zum größten Erfolg unserer Vereinsgeschichte, dem Stück „Crescentia von Kaufbeuren“, das weit vor der Premiere in beiden Spieljahren ausverkauft war, konnten wir Dank eines angebautem Zeltes allen 480 Zuschauern (auch bei Regen!) unser historisches Mysterienspiel darbieten. Um auch bei Kälte Veranstaltungen und Theaterstücke im Stadel durchführen zu können, konnten wir mit eingespielten Geldern den Holzbauteil außen isolieren, eine Elektroheizung einbauen. Des Weiteren wurde eine Technikebene nachgerüstet und ein vom Bühnenbildner Maximilian Fliessbach gemalter Proszeniumsrahmen mit Vorhang eingebaut. Mit „Die deutschen Kleinstädter“ wurde das Kammertheater erfolgreich eingeweiht. Nach dem Freilichtspiel die „Brunnenkur zu Bickenried“ (2010) beendete Peter Pius Irl, der inzwischen zum Ehrentheaterdirektor ernannt worden war, seine Tätigkeit als Regisseur der Burgspiele.
Beim Tänzelfest zum Lagerleben präsentierte sich der Verein seitdem immer wieder mit Lager, Theater und kulinarischen Leckerbissen. Mit dem inzwischen reichhaltigen Repertoire an mittelalterlichen Straßentheaterstücke, die wir in unterschiedlichen Besetzungen zum Besten geben, kann man uns dort und auf vielen anderen Veranstaltungen sehen. Unter neuer Regie bringen in unserem Kammertheater sowohl neue als auch erfahrene Theaterspieler ausgewählte Stücke auf die Bühne.